Hubert Wolf erhält Hoffmann-von-Fallersleben-Plakette
Der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster hat die mit 3.000 Euro dotierte Hoffmann-von-Fallersleben-Plakette 2022 erhalten. Seit 2002 erinnert der Fallersleben-Arbeitskreis mit der Stadt Höxter und dem Herzoglichem Haus Ratibor und Corvey am 1. Mai jeden Jahres mit der Fallersleben-Rede zum Thema „Nachdenken über Deutschland" an den Dichter und Verfasser des „Liedes der Deutschen“ – und zeichnet den Redner mit der Fallersleben-Plakette aus.
Das Gremium ehrt mit der Auszeichnung Personen, die sich in ihrer Arbeit mit Hoffmann von Fallerslebens Vermächtnis auseinandersetzen und im Sinne seines liberal-einheitlichen Bestrebens in Deutschland wirken. Anlass ist der Gedenktag des Amtsantritts des Dichters als Bibliothekar in Corvey am 1. Mai 1860. Mit der Ehrung reiht sich Hubert Wolf in eine Liste herausragender Persönlichkeiten ein: Bisherige Preisträger sind etwa der ehemalige Bundespräsident Prof. Dr. Roman Herzog, Seyran Ateş (Rechtsanwältin und Aktivistin) sowie zuletzt der langjährige Europaparlamentarier Elmar Brok. Hubert Wolf ist der erste katholische Theologe, der die Auszeichnung erhält.
In der Corveyer Hoffmann-von-Fallersleben-Rede beschäftigt sich der Preisträger traditionell mit dem politischen, dichterischen oder wissenschaftlichen Vermächtnis von Hoffmann von Fallersleben. Aus theologischer Perspektive hat Hubert Wolf an die Verdienste Hoffmann von Fallerslebens erinnert. Der Wissenschaftler verknüpfte dabei die Werte, für die Hofmann von Fallersleben zeit seines Lebens kämpfte, auch mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine. Denn nichts habe uns in diesen Tagen schmerzlicher vor Augen geführt, was geschehe, wenn diese Werte mit Füßen getreten werden, betont er. Er macht aber auch Hoffnung: „Nichts hat uns aber auch nachdrücklicher gezeigt, wozu Menschen und Völker in der Lage sind, die sich diesen Werten mit Herz und Hand verschrieben haben, wie die ukrainischen Frauen und Männer, die dem Aggressor mutig und einig widerstehen.“
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Unterstützung des WWU-Krisenfonds
Das politische Wirken von Hoffmann von Fallersleben und die aktuelle Situation in der Ukraine – in der Bürgerinnen und Bürger genau jene Werte verteidigen, für die Hoffmann von Fallersleben einstand – machen es unumgänglich, den Worten der Rede auch Taten folgen zu lassen. Daher stellt Hubert Wolf die auf der Veranstaltung zusammengekommenen Spenden von rund 9.000 Euro und sein Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro über den WWU-Krisenfonds Mitgliedern der Universität Münster zur Verfügung, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind. Durch unkomplizierte und schnelle Hilfen erhalten sie so die Chance, ihr Studium oder ihre Arbeit an der Universität weiter fortzuführen.
Die Universität Münster hat den Krisenfonds ins Leben gerufen, um ihren durch den Krieg gegen die Ukraine unverschuldet in Not geratenen Mitgliedern zu helfen. Kurzfristige Hilfen und Stipendien geben betroffenen Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Beschäftigten die Möglichkeit, weiter an der WWU arbeiten und studieren zu können. Der Fonds macht dabei keinen Unterschied zwischen Herkunft und Nationalität: Unterstützt werden sowohl WWU-Angehörige aus der Ukraine als auch aus der Russischen Föderation und aus Belarus. Perspektivisch wird die WWU den Fonds außerdem nutzen, um internationalen Studierenden, die aus der Ukraine an die WWU wechseln möchten, unter die Arme zu greifen.
Über den Redner
Der 1959 in Wört geborene Kirchenhistoriker studierte katholische Theologie an den Universitäten Tübingen und München, wurde 1985 zum Priester geweiht, promovierte 1990 in Tübingen und habilitierte sich 1991 für das Fach Mittlere und Neuere Kirchengeschichte. 1992 folgte er dem Ruf an die Universität Frankfurt/Main und wechselte im Jahr 2000 an die Universität Münster, wo er Direktor des Seminars für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte wurde.
Hubert Wolfs Forschungen basieren vor allem auf neu zugänglichen Aktenbeständen im Vatikanischen Apostolischen Archiv (ehemals Vatikanisches Geheimarchiv) und im Archiv der Glaubenskongregation in Rom. Neben drei Langfristvorhaben der Deutschen Forschungsgemeinschaft verantwortet er ein Projekt zu jüdischen Bittschreiben in den neu zugänglichen Beständen zu Pius XII. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen das Verhältnis der katholischen Kirche zum Nationalsozialismus und zu anderen totalitären und autoritären Regimen des 20. Jahrhunderts, sowie die Kirchen-, Theologie- und Frömmigkeitsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Hubert Wolf legte zahlreiche Veröffentlichungen vor, die ihn weit über die Grenzen seines Fachs hinaus bekannt gemacht haben, darunter: »Index: Der Vatikan und die verbotenen Bücher« (2006), »Papst und Teufel« (2008), »Die Nonnen von Sant'Ambrogio« (2013), »Krypta: unterdrückte Traditionen der Kirchengeschichte« (2015), »Konklave: Die Geheimnisse der Papstwahl« (2017), »Verdammtes Licht. Der Katholizismus und die Aufklärung« (2019), »Zölibat: 16 Thesen« (2019) und zuletzt »Der Unfehlbare: Pius IX. und die Erfindung des Katholizismus im 19. Jahrhundert« (2020).
Für sein Werk wurde er 2003 mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet, 2004 erhielt er den Communicatorpreis des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, 2006 den Gutenberg-Preis und 2021 den Sigmund-Freud-Preis.